Regretting motherhood – in this society!

Ich freue mich immer über eure Gastbeiträge, heute meldet sich MumDoch Julia hier zu Wort, mit einem sehr persönlichen Text zum Thema Mutter sein und Wahrnehmung von Müttern in medizinischen Berufen im Speziellen und der Gesellschaft im Allgemeinen.

Ich möchte meine Gedanken mit euch teilen bezüglich #regrettingmotherhood. Es geht mir zwar nicht darum, dass ich es bereue Mutter zu sein – nein ich bereue es keine Sekunde! Meine Tochter ist das Beste und Schönste was mir jemals passiert ist – ich würde es lieber #regrettingmotherhoodinthissociety nennen. Dass wir Mütter nicht nur im Moment mit C- sondern immer ein unersetzlich wichtiger Teil der Gesellschaft sind, aber nicht als solcher angesehen werden.

Die Babys, die wir heute auf die Welt bringen, sind die Generation die eure Rente zahlt. Es ist die Generation die euch pflegen wird. Es ist die Generation die euch helfen, bedienen, kassieren und sich um euch kümmern wird. Aber weder für die Frauen die sie auf die Welt bringen, noch für die Kinder selber sieht man in unserem Land die Wertschätzung und Anerkennung, die sie verdient hätten. Im Gegenteil…

Am krassesten ist es mir aufgefallen einmal in einem Gespräch mit einer Kollegin. Sie überlegte zum Gespräch mit ihrem Chef nach der Elternzeit (da keine andere Betreuungsmöglichkeit als Alleinerziehenden) ihr Kind mitzunehmen. Die einstimmige Meinung der Freundinnen und Kollegen: das kann sie nicht bringen. What?? Sie hat das Beste geschaffen was es zu erschaffen gibt auf dieser Welt. Sie kümmert sich tagtäglich darum und soll sich jetzt dafür verstecken? Muss ich so tun als wäre ich keine Mutter? Muss ich mich schämen, meine Kinder verleugnen?
Von einer anderen Kollegin hörte ich sogar sie tauscht immer das Auto, damit die Männer die Kindersitze nicht sehen und sie als untough abgestempelt wird. Ich konnte es kaum glauben!
Das sind nur zwei Beispiele aus meinem Umfeld, aber solche Geschichten gibt es tagtäglich dutzende!

Warum leben wir in einer Gesellschaft wo die Schwangerschaft zu Augenrollen statt zu Freudenfesten führt?

Warum werden wir bei Einstellungsgesprächen gefragt wie wir uns das vorstellen mit Kind – während unsere Männer diese Frage aber nie gestellt bekommen?

Wieso wird einem Mann respektvoll auf die Schulter geklopft wenn das Baby auf der Welt ist. Bei der Frau wird nur die Nase gerümpft weil sie jetzt nicht mehr voll arbeiten könne?
Warum muss ich mir anhören meine Kollegen müssten umso mehr arbeiten, wenn ich eine Zeit lang „nur“ Teilzeit mache? (Übrigens: Die Mütter, die ich kenne schaffen meistens doppelt so viel wie ihre männlichen Kollegen in weniger Zeit – anerkannt wird es null!) und Fördern im Job ist natürlich mit der Geburt des ersten Kindes vorbei. Außer du tust so als hättest du keines. Die Kolleginnen in operativen Fächern wissen sicher wovon ich rede, über die OP Einteilung wird man immer erpressbar. Sonst kommt man einfach nicht weiter…

Wenn sie arbeiten sind sie Rabenmütter und fehlen doch dauernd wegen krankem Kind, wenn sie daheim bleiben leben sie den Herd-Hausfrauen-antiquierten Lifestyle und bei Teilzeit wollen sie einfach zu viel auf einmal…

Wenn man mit Männern über das Thema spricht, dann wird einem klar, eine Frau soll bitte gern Mutter sein, erfolgreich sein, Kinder gut erziehen, Haushalt schmeißen, arbeiten gehen, Sport machen, außerdem wenn möglich dünn, hübsch und gebildet sein, gute Freundin bleiben und selbstverständlich Liebhaberin und Partnerin bleiben wie sie es ohne Kinder einst war…
Klingt kompliziert? Klingt nach viel?

Hey, aber frau wollte es ja schließlich so. Selber schuld.

Ich bereue, nicht Mutter zu sein aber ich bereue es in DIESER Gesellschaft Mutter geworden zu sein – in einer Gesellschaft die null aufeinander guckt und insbesondere nicht auf das, was Mütter leisten und meistern. Wo man schief angeguckt wird, wenn das Kind zu laut weint im Supermarkt oder Restaurant, man stillt in der Öffentlichkeit oder eine Windeln wechseln muss. Wo es immer noch eine viel zu deutliche genderpaygap und eine riesen Lücke in Gleichberechtigung in fast jedem Lebensbereich gibt. Keine Förderung, keine Wertschätzung, wenig Unterstützung.

Ich schäme mich Teil dieser Gesellschaft zu sein, die Kinder und Mütter vergisst, nicht fördert und damit klein hält. Und das wurde während Corona noch sichtbarer. Aber letztendlich sind wir doch alle aufeinander angewiesen und Kinder und ihre Mütter sind ein essenzieller Teil unserer Gesellschaft! Es ist 2022 und nicht 1950…Und es ist noch soviel zu tun…

Dir geht es genau so wie Julia? Du möchtest auch mal einen Gastblogbeitrag schreiben? Dich austauschen? Deine Sicht der Dinge Schildern? Dann komm zu den MumDocs, auf Siilo oder auf Facebook oder schreib mir eine Mail an katrin@mumdocs.de