Schwerpunkt Niederlassung – Papas Praxis übernehmen

Hallo Lisa, danke, für das Interview erstmal. Stell dich doch kurz vor!

Ich bin Lisa, 36 Jahre alt und seit 2017 Fachärztin für Dermatologie. Ich habe eine Tochter (4 Jahre) und einen kleinen Sohn (1,5 Jahre). Ich habe die ersten Jahre meiner Facharztzeit in Düsseldorf an der Uniklinik gemacht und dann den Rest der Facharztausbildung bei meinem Vater in der Praxis bzw. 6 fehlende Monate bei einer Kollegin im niedergelassenen Bereich. 2019 habe ich die Praxis übernommen und zunächst mit meinem Vater und einer Kollegin weiter gemacht. Anfang 2020 bin ich coronabedingt früher als geplant in die Praxis zurück gekommen. Seitdem arbeite ich mit einer angestellten Ärztin in meiner Praxis. Zum 01. Juli sind wir in neue Praxisräume gezogen.

Wann und warum hast du dich für die Niederlassung und gegen Klinik entschieden?

Ich kann gar nicht genau sagen, wann ich mich für den Weg Praxis entschieden habe. Irgendwie war das Konstrukt gefühlt „wie vorgegeben“. Seit 2014 bin ich jetzt in der Praxis und ich mochte meine Klinikzeit sehr. Aber langfristig mit Familie wusste ich schon, dass es mich in die Richtung Praxis zieht. Am Anfang habe ich vor allem meine Kollegen und den Austausch vermisst. Aber jetzt nach 2,5 Jahren nach der Übernahme habe ich das Gefühl, angekommen zu sein und die richtigen Entscheidungen getroffen zu haben.

Was sind für dich die Vorteile eine Praxis innerhalb der Familie weiter zu führen?

Ich glaube, eine Praxis weiter zu führen mit einem engen Verhältnis zum Vorgänger ist immer etwas Besonderes. Dabei ist es in meinen Augen nicht relevant, ob es Familie ist oder ob zum Beispiel – durch langjährige Zusammenarbeit- ein enges, freundschaftliches Verhältnis besteht. Man kann Strukturen übernehmen, Tipps und Ratschläge bekommen. Viele Patienten profitieren auch von einer solchen Praxisübergabe und bleiben einem als Patient treu.

Wie haben die Patienten und Mitarbeiter auf dich reagiert? Warst du erstmal nur „die Tochter vom Chef“ bzw. wie konntest du dich selbst als Praxisinhaberin etablieren?

Die Patienten und Mitarbeiter kannten mich seit 2014. Viele Patienten haben mich erstmal nur als die „Tochter des Chefs „angesehen. Aber eine solche Einschätzung als junge Ärztin kennen ja schon viele aus Klinikzeiten. In den nächsten Jahren haben sich aber auch viele Patienten mir anvertraut und wir haben auch viel mehr Kinder als Patienten bekommen, die speziell zu mir wollten. Meine Mitarbeiterinnen haben mich von Anfang an respektiert und geschätzt. Eine Mitarbeiterin war schon da; zwei haben fast zeitglich mit mir begonnen. Eine Mitarbeiterin hat angefangen, nachdem ich sie in ihrer Ausbildung in der anderen Praxis kennengelernt habe. Und eine weitere Mitarbeiterin hat wieder bei mir angefangen nachdem sie in der Vergangenheit schon zwei Mal bei meinem Papa gearbeitet hatte. Ich habe aber definitiv den Umzug und den räumlichen Wechsel gebraucht! Damit es als MEINE Praxis und ich als Chefin von den Patienten angesehen werde.

Ist es schwierig Veränderungen oder Modernisierungen durchzuführen, wenn der bisherige Inhaber der eigene Vater ist?

Veränderungen sind immer nur Schritt für Schritt möglich. Ich glaube für den Vorgänger ist das eine schwierige Situation. Viele Dinge waren ja seit Jahren so und haben gut funktioniert. Wenn es jetzt um Änderungen geht, liegt es oft am Wandel der Zeit und ist keine Kritik an dem Bestehenden. Die entscheidenden Schritte habe ich aber jetzt erst durchgeführt, nachdem mein Vater aufgehört hat. Früher war es möglich ein breites Spektrum anzubieten und viele Patienten zu betreuen. Heute geht es nicht mehr ganz so einfach. Die Medizin entwickelt sich weiter, es entstehen neue Therapieformen, man muss auch immer die wirtschaftliche Komponente im Blick haben (was wird noch und wie vergütet?). Patienten werden teilweise auch schwieriger und anspruchsvoller. Das Melanom ist bei uns in der Dermatologie ein Paradebeispiel dafür, wieviel sich in den letzten Jahren verändert hat. Ich bin überzeugt, dass man seine Schwerpunkte wählen muss. Das ist bei mir das ambulante Operieren mit Schwerpunkt Dermatoonkologie. Ich möchte meinen eigenen Ansprüchen gerecht werden und meine Tumorpatienten gut betreut und versorgt wissen. Aber inzwischen ist auch die Kinderdermatologie eine Herzensangelegenheit geworden.

Was empfiehlst du MumDocs, die eine Praxis aus der Familie übernehmen?

Eine Praxisübernahme in der Familie kann ein tolles Projekt sein. Aber für beide Seiten sind nicht alle Schritte einfach. Die eine Seite gibt ein Lebenswerk ab. Die andere Seite beginnt ein Lebenswerk. Und diese können und sollten nicht identisch sein. Jeder sollte für sich versuchen früh ein personelles Konstrukt zusammen zu besprechen und planen. Es gibt viele tolle Modelle, bei dem beide Seiten profitieren können. Aber letztendlich muss man nicht einfach nur in die „Fußstapfen treten“. Man darf und sollte mutig sein und sein Projekt nach eigenen Vorstellungen gestalten. Ich habe heute eine tolle Praxis in wunderbaren Räumen, baue meinen Schwerpunkt und mein Netzwerk zu Kollegen immer weiter aus. Ich bin stolz auf meine Mädels in der Praxis und meine Familie zu Hause. Dass ich heute an dem Punkt stehe, hätte ich mir vor ein paar Jahren nicht vorstellen können.

Katrin
Katrin MumDocs Gründerin
Lisa
LisaMumDoc & Praxisinhaberin